Montag, 29. April 2019

MGTOW-Gedicht





Einssechzig bis einssiebzig tolerabel,
einsfünfzig bis einssechzig wünschenswert;
die Hände viel zu groß: indiskutabel,
und viel zu plump, die ist es mir nicht wert.
Neotenie perfekt, doch Po zu üppig,
schlank, jedoch sportlich, mir nicht zart genug.
Brünettes langes Haar, Gesicht ansprechend niedlich,
fast 19. Auf der Skala 8 bis 9.

Ich schäme mich für mein Geschlecht: wie Hunde
starren sie Männer an, bedürftig, needy, geil.
Und guck diesen Mangina an, der kriecht gleich
in ihren Anus wie ein glatter Aal.
Ich bin diskret: Gefallen noch Missfallen
an ihrem Äußeren ich mir anmerken lass,
schau unterkühlt. Geschlechtsgenossen malen
Grimassen: ihr aus Geilheit, mir aus Hass.

Ich steige in den Zug, und keines Blickes
tu weiter würdigen, welch Zirkus da geschieht.
Bin Wolf, kein Fuchs, der vor den hohen Trauben,
sie sauer nennend im Resentment flieht.
Ne Neun, ne Neuneinhalb, sie kommen rüber,
und setzen sich, da da noch Plätze frei.
Mir angenehm durchaus, doch stehe drüber,
und les ein Buch. Missachtung macht sie high.

Schlussendlich schließlich doch ne Zehn gesehen:
sie blies mir ins Gesicht wie frischer Wind.
War fast perfekt, ich blieb mitnichten stehen,
doch sah sie rein und fröhlich wie ein Kind,
und diesen Blick behielt ich bis zum Abend,
und schlief zufrieden meine lange Nacht;
fühlte mich dankbar, so lebendig, doch erhaben.
Ja, ich geb zu, dass Schönheit glücklich macht.

2.2019