Montag, 29. November 2021

Stacheldraht II

 

 

 

 

haut aus stacheldrahlt

was wird aus dir

wenn sie zärtlichkeit brauchen

zum glück braucht der krieg sie nicht

er weint granatslpittertränen

seit drei jahren und sollte doch

so schnell vorbei sein


figuren aus stachelgrat

antike göttergestalten

weisen den weg

ich will nach indien reisen

wenn es noch möglich ist

ruhe wär schön

doch die stille

gibt sie mir nicht

zurück an der front

dann immer erleichtert

ich kann dann besser einschalfen

wenn ich mal schlafen kann


neulich im traum

stand der alte hindenburg

langsam vom stuhl auf

wie ein könig

und gratulierte uns zum sieg

möge er kaiser werden

wolken aus stacheldraht

kommt jetzt der schlaf

das schönste am krieg

möge er nie vorbei gehen

ich mache mir sorgen

um meinen schlaf


zu hause

wird es nicht sein wie es war

oder es wird kein zuhause sein

oder ich baue mir ein zuhause aus stacheldraht

berge aus stacheldraht schon bestiegen

und überlebt also stacheldraht und ich

ich und stacheldraht ist das was

für die traumdeutung


artillerie in der ferne

hier erreicht uns nichts

wir sind auf mehr vorbereitet

am mond vorbei er reitet

der russische kaiser der abgedankt hat

bald dankst auch du

ich sehe kathmandu

und thimphu

Stacheldraht

 

 

 

 

unserem sohn werde ich erzählen

wie dieser hunne sich ergab

in allen sprachen der entente

der einzige den ich lebend sah


sonst sehe ich sie nur im stacheldraht

aber das sind dann leichen

ich träume von unserem rosengarten

mit blüten aus stacheldraht


wie die verlobte es warm und trocken hat

wie still es dort ist auch davon träume ich

wenn wir köln erob


neuer brief explosion überstanden

mit dem sohn wird das wohl nichts

sagen sie aber wer weiß

lieber hätte ich einen arm verloren

wird aber auch noch passieren

warum warum dieser krieg

wir können die erde auch friedlich

in stacheldraht umwickeln


wenn wir köln erobern unwickle ich

eine deutsche frau mit stacheldraht

andere haben mehr freude

aber man muss opfer bringen

was werde ich wenn dieser krieg vorbei ist

vielleicht ein stacheldrahtgärtner


von einem scharfschützen ins gesicht getroffen

und dann noch granatsplitter

es war ein guter tag

viele krauts erledigt

und für mich ist dieser krieg vorbei

die plastische chirurgie wird mein gesicht

wiederherstellen das ist das mindeste

das die zivilisten uns schulden


zu viel hass im letzten brief

auf uns auf die auf alle

gewinnen und abhaken

leider komme ich nicht mehr zurück

dieser zug ist abgefahren

aber der sieg ist nahe

...und als ich ankam

da verblutete sie in den rosensträuchern

einem natürlichen stacheldraht

Samstag, 27. November 2021

Träume

 

 

 

Die schönsten Träume, Liebe ausgenommen,

sind immer wieder die von jenen Orten,

die mir das Recht auf Einsamkeit verbriefen.

Auf einmal ist die zweite Wohnung da,

als ich, noch Jüngling, bei den Eltern wohne;

schon fahr ich froh im hellen Traum dorthin,

und weiß, wie viele Stunden oder Tage

des ruhigen Alleinseins mir vergönnt.


Ein Urlaubsort, hinter der Wand gleich Rummel,

in der verschlossnen Wohnung ich allein,

und werd es lange bleiben, freu mich vor.

Ach, Straßenkilometerschilder, Fahrrad,

Fußwege, Häfen, Regen, Sonnen, Schneen:

schon Wege zu mir selbst zum Ziele werden.

Allein. Nur leider nicht allein auf Erden.

Lieth

 

 

 

 

"Liebe mich mit Schwäche und Vertrauen",

flüstert zart das Mädchen mir ins Herz.

Kann ich das? Ich muss nach draußen schauen.


Es ist Nacht im Garten ohne Lieth.

Nichts ist stiller als die Nacht im Garten,

darum ist die Stille jetzt so laut.


Zwanzig Meter über Landesboden

Meeresrauschen hoch im Blätterwald,

ist das Haus, wohin mein Herze flieht.


Garten, zeigtest du mir ihren Schatten?

In Gärten wirfst du deine Schatten, Lieth.


Bist du in großen Gärten aufgewachsen

mit hohen Bäumen, stillen Nächten, sanftem Wind?


"Liebe meine Liebe, sie wird wachsen",

flüstert mir ins Herz der Träume Kind.

Shehé

 

 

 

 

Leben ohne Tod, Shehé,

auf Nimwegens Straßen.

Welcher kluge Gott, hehe,

könnte dich verlassen?


Steht ein Elch im Wald, hehe,

ohne Hemd und Hose.

Nichts ist ohne Grund, Shehé,

sonst fiel´s ins Bodenlose.


Nansen, Amundsen, Zheng He,

reisten richtig, weil es.

Jesus ohne Kreuz, Shehé,

wär was richtig Geiles.


Du bist dort, ich hier, Shehé,

uns kann nichts geschehen.

Edgar Allan Poe, hehe,

könne auferstehen.

Vater

 

 

 

 

Aus meinem Bett sehe ich wie er kommt

zur Tür des Kinderzimmers

mit einer brennenden Fackel.

Er riecht nach Alkohol, sein Blick

ist intensiv und verzweifelt,

sein alkoholdurchtränkter Körper

fängt sofort Feuer, er wird zur Fackel,

verbrennt vor dem Ofen und lässt

wenige Gramm Asche liegen,

die auf Wasser treffen.

Die Mischung ergibt eine Flüssigkeit,

die die Raumzeit selbst zerfrisst,

und das Loch wird immer größer.

Auf der Flucht vor dem Weltloch,

das die Transzendentalsäure hinterlässt,

gehe ich auf den überirdisch verlegten Rohren

aus dem Dorf meiner Großmutter hinaus.

Dort fand ich in der Wand versteckt eine Schachtel,

machte sie auf, und verfaulte Kartoffeln

reagierten mit der Luft und erzeugten

die Transzendentalsäure, die in der Küche

zwischen dem Tisch und dem Ofen

ein seltsames Loch riss, und das Haus

begann zu wackeln, und wir gingen

immer einen Schritt vom Loch weg,

das sich in die Erde fraß.

Sternschuppen

 

 

 


Nivelle! Milliarden Sterne sah die Nacht,

führ morgen wieder an!

Ein Sprint in das Gewisseste der Welt:

die Heimat Tod, doch vorher noch ein Lauf:

das ist nicht Selbstmord, das ist Offensive!

Schön jeder Meter, den du läufst, Soldat,

bedeutungsvoll ist jeder Atemzug,

wer auf dich schießt, der hat auch seinen Platz,

pulsiert in ihm die Harmonie der Welt.


Die Leute sind so asozial zu mir,

maskierte Augenfressen gucken aus

Verlegenheiten raus; dass ich nicht tret

zeitlupengangs auf Hypochonderschaben.

Alles ist hässlich, aber alles lebt.

Es lebt! Welch Drohung. Dieser Müllsack auch?

Wenn Socken hängst, häng zwei, sonst einsam fühlt

die Eine sich. Die Lebenspandenmie

der nackten netten Opfer. Jeder Tod

ist schrecklich durch die Peinlichkeit, er ist

unpassend zu Konsum und zu Konsens.


Ich sehe Sterne. Ja. Ich sehe, sterbe.

Billionen, Sextillionen will ich sehn!

Auch Niederegger Marzipan mag gerne.

Zerrissen, nicht? Nicht wirklich. Willst du hörn,

mir sei Bequemlichkeit so lieb und wichs,

dass ich nicht kriege, was im Kriege kriegt

der Franzmann, der noch zehn Sekunden lebt?

Nimm du ein Messer, schneide sie dir ab,

Tentakel, Rüssel, die dir aus der Gier

nach überzuckert leichten Lüsten wachsen.

Scharf schmeckt das harte Wasser freier Lust.

3G

 

 

 

 

geimpft, getestet, genesen,

geschlafen, geschissen, gelesen


getestet, genesen, geimpft,

gepinkelt, gepoltert, geschimpft


genesen, geimpft und getestet,

gefastet, gekackt, sich gemästet



der gelbe ausweis der guten

das tägliche stäbchen im mund



geimpft, genesen, getestet,

geredet, geraucht und gelästert


genesen, getestet, geimpft,

gewesen, gebesen, geschlimpft



das gelbe magische buch

zwei nasenlöcher fürs stäbchen



genesen, geimpft und geimpft

getestet, getestet, getestet,

getestet, getestet, getestet, 

getestet, getestet, getestet, 

getestet, getestet, getes