Freitag, 26. Juni 2020

Apollon





Im Sommer Kinder seh, will Vater sein,
doch keine Mutter brächte Kind hervor,
welch meinem Geiste gliche: nicht Titan,
nicht chthonisch Tier zu zeugen bin gewillt.

Den nenn ich Vater, welcher ohne Mutter zeugt.

Was Weib gebiert, es lutscht am Schwanz der Zeit;
was löchlings strömt, ist unrein schwarzes Blut.
Stolz sei nicht der, der Vater durch das Weib:
vornehmste Götter zeugte Zeus im Kopf.

Dienstag, 23. Juni 2020

Das unsagbare Mädchen





Sie sagt: "Du weißt, das Wesen muss erscheinen,
doch die Erscheinung ist als Schein ein Trug".
Ich weiß: das Wahre, es erschließt sich nicht dem Meinen,
sondern gewusst sein will mit Recht und Fug.
"So füge", fordert sie, "streif ab, was wahrgenommen,
für wahr gehalten und als falsch erkannt".
Kaum abgestreift - der Wahrheit Licht vernommen,
und halt - Metapher nur! - das Wesen in der Hand.


2013

Sonntag, 21. Juni 2020

Undiskutibel





Das Nullumwusstsein, hösisch schlängelnd,
betrieft Halbgeisthirn ungeengt,
neidürlich, ja hassürlich senkt
Behauptungshemmung in der Menge.

Die Menge stinkt nach faulem Fische,
dorthin gegrüßt wird schwanzverlängert,
substanzlos floskialgeschwängert
dreist jede balzentrale Nische.

Nuttürlich jubeln zu den Deppstern
die fräuen Lein, scheint ausgelacht,
wer widerstand der Balllustmacht,
doch leuchtet wie der hellste Wettstern.
2011

Donnerstag, 18. Juni 2020

Pro Popo





Bin drei Zehen Jahre zur Schule spaziert,
hab viele Semester Wisskunde studiert,
und wofür? Wie du weißt, für den Arsch.

Hab gar an der Börse neunklug spekuliert,
die Werte und Kurse anal noch isiert,
bis grau mein Haar. Für den Arsch!

Hab Weiber, Respekte und Gelder bekomm,
Gebirge aus Titten und Scheiße erklomm,
Heirat, Scheidung und Kind für den Arsch.

Versoffen mein Haus, mein Auto, mein Boot,
leb arm und und mit Straßenkötern im Schrott,
so ist Leben! Wie immer, im Arsch.

2012


Mittwoch, 17. Juni 2020

Dialog auf der Springensbrücke





O Blage, du Plage Erwachsener Leut!
Warum am Geländer stehst nackig du heut?

Siehst du denn nicht - deine Augen zu klein - ,
dass ich, anstatt dünn, scheiße dick, wie ein Schwein?


Dein BMI ist knapp unter normal,
dick siehst du aus auf keinen Fall.

Geh weg du, ich springe, du lügende Sau!
Ich werd eine dicke und hässliche Frau.

 
O dämliches Balg! Tiny teenie, bleib stehn,
und lass dich mit mir dich nach Hause gehn!

Zu spät, alter Mann, sieh, - das geht nicht mehr weg,
das hässliche, dicke, das elende Speck!


Gör, du phantasierst! Siehst gar richtig gut aus,
und wirfst gleich dein Leben zum Mülle hinaus.

Ach, das nennst du gut? Du hast keinen Geschmack,
obszöner, perverser und ältlicher Sack!


Ja, ehrlich gesagt, bist du gar nicht mein Typ,
dich knalln oder nicht, stünd bei mir auf der Kipp.

Nun bist mir sympathisch - siehst es also auch:
zu dick meine Schenkel, die Fresse, der Bauch.


Und doch, überlegs dir, und spring nicht sogleich,
denn wenn du zu dick bist, dann landest du weich.

Ach stinkende Scheiße! Und brech mir die Knochen,
doch Speck fängt mich auf, und ich lebe gebrochen!


2012

Dienstag, 9. Juni 2020

Ins Nichts





Ohne Mädchen ist das Leben finster:
das Wozu betreibt Inquisition,
das Wielangenoch bereitet schon
das Schafott. Nichts tröstet, alles stößt
üblen Mundgeruch aus allen Löchern
aus und treibt vor Ekel in den Tod.

Welchen Zweck hat Überleben ohne
ganz gewisse Blicke aus dem Weiß?
Müh und Arbeit macht mich lebensmüde,
wechselt sie sich nur mit Leere ab.
Leben? Nichts. Warum es dann nicht wählen?
Denn im Nichts ist Leere ohne Leid.


10.2015

Mittwoch, 3. Juni 2020

14.9.2012





Auf einen Schlag ist - peng! - auf stumm geschaltet
alles, was dringend war, und wichtig schien.
Der Hintergrund gewinnt Geschmack und Farbe, Tiefe.

Was ist geschehen? Noch ist nichts bewusst, -
was ahnt sich an, was leuchtet tausendsonnen?
Ein fliegend Gang, ein fröhlich singend Springen.

So geht es seit drei Wochen - ändern will ich nichts.
Bleib, rätselhaft Gefühl; im Rausch der Stille
enthüll noch nicht den Grund für dieses zarte Glück!

2013

Montag, 1. Juni 2020

Vorfreude





Tiefste Verachtung ich empfinde, tiefsten Ekel,
und doch versichern Himmelslesben mir:
“Zu süßen Uns gelangen reinste Seelen,
wir kennen außer ihnen freilich nichts;
Uns fasst nur an, was Du zutiefst vergötterst,
Uns sieht nur, was Du liebestief verehrst”.

Ich Paranoiker krieg einfach keinen Schlaf:
des Urvertrauens früh beraubt, narzisstisch
misshandelt, tief beschämt, von Höllenangst gequält,
in Gott den Willkürherrscher projizierend.
Die Wahrheit ist nur einen Tod entfernt;
wir werden sehen, Welt, wir werden sehen.


1.2016